Wie steht es um die Barrierefreiheit von Webseiten und Apps der Bundesrepublik? Mit dieser Frage beschäftigt sich Casey Kreer in ihrem Talk Geschredderte Gutachten: Wie nicht nur der Staat bei digitaler Barrierefreiheit versagt auf dem 38c3.
Anlass für ihre Recherche war die Erkenntnis, dass die Warn-Apps für die Hochwasserkrise an Weihnachten 2023 für viele Menschen mit Behinderung nicht nutzbar waren. Besonders Warn-Apps, barrierefrei zu gestalten, sollte eigentlich selbstverständlich sein.
In Deutschland gibt es das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das verhindern soll, dass digitale Angebote Menschen mit Behinderung ausschließen. Das BGG schreibt vor, dass eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlicht wird. Diese muss Informationen zur aktuellen Barrierefreiheit einer Website oder Anwendung enthalten. Wenn nicht alle Teile barrierefrei sind, muss das klar und transparent angegeben werden. Wie Sie in ihrem Talk beschreibt, sieht die Realität jedoch oft anders aus.
In ihrem zweiten Talk Software accessibility without the fuzz, den sie auf dem 38C3 gehalten hat, gibt Casity Entwickler:innen praktische Werkzeuge an die Hand, um die Barrierefreiheit ihrer Anwendungen konkret zu verbessern. Sie beschreibt die vier Prinzipien der Barrierefreiheit. Diese Prinzipien können in ihrem Artikel Der Weg zur barrierefreien Software nachgelesen werden oder direkt über die WCAG eingesehen werden.
Einige konkrete Tipps, die direkt umsetzbar sind:
- Prüfe die Bedienbarkeit deiner Webseite oder Anwendung.
Stelle sicher, dass deine Software über verschiedene Eingabemethoden nutzbar ist (Tastatur, Maus, Touchscreen, Sprache). Teste, ob sich die gesamte Webseite oder Anwendung nur mit der Tastatur bedienen lässt. Dies hilft dir, mögliche Probleme zu erkennen – zum Beispiel, ob die Elemente in der richtigen Reihenfolge fokussierbar sind. Das ist ein einfacher, aber wirkungsvoller erster Schritt. - Form follows function!
Elemente sollten aussehen, wie das, was sie sind: Buttons wie Buttons, Checkboxen wie Checkboxen. Wenn ein Element nicht klar erkennbar ist, geh ins Gespräch mit den Designer:innen. Ein zugängliches benutzerdefiniertes Element zu entwickeln, ist zwar möglich, aber oft nicht notwendig. Frag dich, ob es wirklich die zusätzliche Komplexität wert ist. Wie Sarah Soueidan treffend sagt: „Just because it is technically accessible, doesn’t mean it is inclusive.“ - Verstehe Assistenztechnologien und teste einen Screenreader.
Lerne, wie Assistenztechnologien wie Screenreader funktionieren, und teste deine Software damit. Es gibt viele hilfreiche Anleitungen, die den Einstieg erleichtern. Sarah Soueidan hat dazu einen nützlichen Blogartikel geschrieben: „Testing Accessibility: Setup Your Environment“.
Das Barrierefreiheitsgesetz könnte durch die angedrohten Strafen für mehr Aufmerksamkeit und Dringlichkeit sorgen – zumindest ist das die Hoffnung. Denn digitale Barrierefreiheit ist nicht nur ein nice to have. Um es mit Casey Worten zu sagen:
"Lasst uns bitte endlich dafür sorgen, dass alle Dienstleistungen und Informationsangebote für alle Menschen selbstbestimmt zugänglich sind."